Skip to content

Rückblick Pilgergottesdienst

Der regionale Pilgergottesdienst zum Dank am Ende der Pilgersaison 2020 stand unter den erschwerten Vorzeichen der Corona-Zeit. Trotzdem fand sich eine Schar von Pilgerinnen und Pilgern ein, die auch stellvertretend für diejenigen da waren, die nicht teilnehmen konnten.

In diesem Sinn sei hier etwas mehr notiert als gewöhnlich.

Zwei Tage davor wurde verboten, dass Chöre im Gottesdienst singen dürfen. So entschied die Chorleiterin Rita Keller anstelle der vorgesehenen Frauenchoralschola der DomMusik St. Gallen die Gesänge zu zweit zusammen mit Bettina Kugler vorzutragen.

Rosmarie Wiesli und Josef Schönauer wählten als Motto: “Alles hat seine Stunde”. Angelehnt an den Text aus Kohelet 3 interpretierten sie die besondere Zeit und das Pilgern als Herausforderung, sich an die konkrete Stunde oder Zeit anzupassen. Der Satz aus einer Pilgerreise-Ausschreibung: “Zu einer Pilgerreise gehören auch Improvisation und das Inkauf-Nehmen von unvorhersehbaren Tatsachen” ist geeignet, die Herausforderung an uns alle in dieser besonderen Zeit zu umschreiben.

Von den vielen Gegensatzpaaren des Kohelet-Textes, den Elisabeth Koller vortrug, wurden die folgenden ausgewählt und betrachtet:

Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit:
Es gibt eine Zeit zum Weinen – und eine Zeit zum Lachen. (Vers 4a)

Rosmarie: Das Lachen tut uns in der Seele gut, stärkt unser Immunsystem und lässt uns das Leben als leicht und beschwingt empfinden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Pilger auf dem Jakobsweg oft Möglichkeiten haben zum herzhaften miteinander Lachen haben.

Weinen wollen wir nicht, schon gar nicht vor anderen. Aber – Tränen können eine Erlösung sein, können den inneren oder äusseren Schmerz zum Ausdruck bringen. Tränen können trotz Schmerz auch guttun und Erleichterung schaffen.

Es gibt eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Ausreissen der Pflanzen. (Vers 2b)

Josef: In dieser Zeit habe ich sowohl Pflanzen ausgerissen wie auch Knollen gepflanzt. Kohelet wollte dies auf unser Leben beziehen. Etwas hat seine Zeit erfüllt und kann nun entsorgt werden. Das Leben kann entrümpelt werden – nicht nur von Dingen, sondern auch von Sorgen, von Wünschen, von Beziehungen. Das gibt Luft und Platz für Neues, zum Pflanzen.

Es gibt eine Zeit zum Klagen – und es gibt eine Zeit für den Tanz (Vers 4b)

Rosmarie: Klagen, ausrufen, dem inneren Druck nachgeben, dem inneren Schmerz Luft verschaffen. Klagen bedeutet Schleusen öffnen. Es ist nicht so, dass wir immer nur tapfer sein müssen. Klagen kann befreiend sein.

Leider ist das Tanzen durch die Coronasituation untersagt worden. Schade, denn Tanzen ist Lebensfreude pur – für diejenigen, die es gerne tun.

Es gibt eine Zeit zum Schweigen und eine Zeit zum Reden (Vers 7b)

Josef: Manchmal ist es wohltuend und wichtig zu schweigen. Es kann sogar heilsam sein zu schweigen, statt verletzende Worte zu äussern. Dann aber gibt es Situationen und Momente, wo das Schweigen feige und schädlich ist.

Es ist immer wieder eine Kunst, zu unterscheiden, wann Schweigen oder Reden angesagt und wichtig ist.

Die Betrachtungen fasste Rosmarie in einem Bittgebet zusammen für uns alle, das mit dem gemeinsamen Vaterunser-Gebet abgeschlossen wurde.

Die beiden Sängerinnen erzeugten mit ihren Klängen eine wunderbare meditative Stimmung.

Im ersten Gesang “Da pacem Domine” – Gib Frieden Herr – kam zum Schluss der Psalmvers vor, den einige Pilgerpsalmen zitieren: “Ich freute mich, als man mir sagte: Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern.” (z.B. in Psalm 122)

Der zweite Gesang gemeinsam mit allen war ein Taizélied: Confitemini Domino – Lobe den Herrn, denn er ist gut – (zum Anhören aus Taizé)

Im dritten Gesang erklang eine Gallussequenz zu Ehren des St. Galler Heiligen. Er pilgerte einst von Irland durch Frankreich bis hierher. Sein Gedenktag ist jeweils der 16. Oktober.

Die vier Betrachtungen zu den Versen aus Kohelet wurden abgeschlossen mit dem gemeinsamen Laudate omnes gentes – Lobt Gott ihr Völker alle – das für viele Pilgernde ein eigentlicher Dankhymnus auf der Pilgerreise ist. Lied zum Hören

Die Stille-Zeit wurde abgeschlossen mit dem Kanon “Friede den Menschen auf Erden. Singen die Engel, die Engel singen: Friede allen hier auf Erden.” – Die tragende Melodie vermittelte etwas von Frieden.

Das letzte Lied mit allen war ein Segenslied aus Taizé: “Behüte mich Gott, ich vertraue dir. Du zeigst mir den Weg zum Leben. Bei dir ist Freude, Freude in Fülle. Lied zum Hören

Den Abschluss der Gesänge bildete ein Hymnus an Maria “Sanctissima, mitissima”. Sie wird als Stern des Meeres angesprochen – für Jakobspilgerinnen und -pilger ist der Stern ein bekanntes Symbol als Wegzeichen. Der Wunsch des Gesangs: “Wir, die wir hier auf Erden wandeln, begleite uns, liebe Jungfrau Maria” passte gut an den Schluss des Gottesdienstes im Hinblick auf die weitere Lebenspilgerreise.

Die Kollekte nahmen wir für das Hospiz St. Gallen auf. Es beherbergt Menschen auf ihrer letzten Etappe der Lebenspilgerreise. Es wird in naher Zukunft das Haus Villa Jacob an der Kreuzbleichestrasse beziehen.

Im Anchluss an den Gottesdienst musste auf den traditionellen Apéro mit Pilgerwy im Hofkeller verzichtet werden. Stattdessen wurden im Freien durch den Vorstand verpackte Brötchen und eine Süssigkeit abgegeben. Noch eine ganze Weile standen die Pilgerinnen und Pilger in gebührendem Abstand und mit Maske beisammen.

Der Frühlingspilgergottesdienst am 9. April 2021 wird dann hoffentlich wieder unter anderen Vorzeichen stattfinden können. Die konkreten Angaben dazu werden auf der Seite pilgerherberge-sg.ch/news publiziert.

Alle waren sich einig: es hat sich gelohnt, dass der Verein Pilgerherberge Sankt Gallen diesen Gottesdienst am Ende der Pilgersaison nicht absagte, sondern in dieser Form organisierte. Wer den Verein gerne tatkräftig unterstützen möchte, kann dies in Form einer Mitgliedschaft oder einer Spende zum Ausdruck bringen.

Nun beginnt die Winterpause. Die Pilgerherberge Sankt Gallen schliesst am 1. November und öffnet wieder Ende März 2021.
Der Vorstand des Vereins ist daran, für das kommende Heilige Jahr 2021 ein attraktives Programm zu organisieren. Höhepunkt soll die Jakobsfeier am 25. Juli in der Kathedrale werden.